Die Bühne erobern: 7 Schritte, um Lampenfieber als Sänger*in zu überwinden!
Vor anderen Menschen zu singen ist furchteinflößend. Ich zeige mich. Zu 100 Prozent. Vor allem, wenn man allein ist. Ich kann mich nicht verstecken hinter einem Instrument oder anderen Menschen. Ich will mich schützen, also singe ich einfach nicht vor anderen und sag mir, dass ich das gar nicht brauche. Das ist oft die traurige Schlussfolgerung. Doch wann nützt uns Angst und wann hält sie uns nur davor ab unser volles Potenzial auszuschöpfen? Dazu möchte ich dir ein Erlebnis von mir erzählen.
Der Ring für die Kampfsport-Gala von „Spirt of Bayon“ ist aufgebaut. Ca. 30 Thaiboxer*innen stehen in den Startlöchern, um nach wochenlangem, schweißtreibendem Training endlich ihr Können unter Beweis zu stellen. Die Halle füllt sich. 300 Menschen warten gespannt auf die actiongeladenen Kämpfe. Was sie noch nicht wissen: Sie werden gleich von einem Tigergebrüll aufgeweckt. Ein Tigergebrüll, dass eine Sängerin ankündigt, die in ihrem violetten Satin-Bademantel und ihren feuerroten Boxhandschuhen glorreich in den Ring einmarschiert. Dabei singt sie „Eye of the Tiger“ mit einer nie dagewesenen Inbrunst.
Die Sängerin bin ich. Mareike Pao. Eine die vor zehn Jahren während ihres BWL-Studiums mit Thaiboxen anfing. Eine, die in der Zwischenzeit zwei Kämpfe bestritt und Thaiboxtrainierin war. Und eine, die schon immer das Singen liebte. Aber erst nach einer Lebenskrise dazu stand, dass es ihr Traum ist, Sängerin zu sein. Lange traute ich mich nicht, diese Seite zu zeigen. Heute bin ich Sängerin, Gesanglehrerin und Moderatorin, die hunderte von Menschen auf einer Kampfsportveranstaltung dazu animiert Warm-Up-Übungen für ihre Stimme zu machen. Damit sie die Kämpfenden gebührend anfeuern.
Mittlerweile liebe ich es, mich meinen Ängsten zu stellen. Aber wie genau habe ich das gemacht? Es war ein schrittweiser Prozess. Ich habe all mein Wissen und meine Erfahrung zusammengegossen und eine Anleitung erstellt, die dir dabei helfen kann, deine Ängste zu überwinden, um dein volles Potential zu leben!
Der 7-Schritte-Plan um dein Lampenfieber in den Griff zu bekommen
- Die Angst an die Hand nehmen und auf das Positive zugehen
Ängste sind eine absolut natürliche und gesunde Reaktion, um uns vor wirklichen Gefahren zu schützen. Wie damals vor dem berühmt berüchtigten Säbelzahntiger. Nur wann befinden wir uns heutzutage in wirklicher Gefahr? Wieso haben wir vor Publikum genauso Angst wie vor einem Raubtier? Timber Hawkeye hat es so schön bildlich beschrieben: Die Angst ist wie mein Rauchmelder zu Hause: Ich bin froh, dass er da ist, aber er piepst normalerweise, wenn ich koche oder heiß dusche. Nicht, weil das Haus tatsächlich in Flammen steht. Es ist zwar wichtig, das Piepen nicht zu ignorieren, aber es ist auch wichtig, nicht jedes Mal, wenn der Alarm losgeht, hysterisch schreiend davonzulaufen.“ Innezuhalten und dann den ruhigen Mittelweg finden zwischen Katastrophenbewältigung und Apathie ist die Devise. Des Weiteren beschreibt Timber seine Lieblingslehren über Ängste zu überwinden handelt sich um einen Mönch, der seine Angst bekämpfen wollte. Anstatt sie anzugreifen, fragte er: „Wie kann ich dich besiegen?“ Daraufhin antwortete die Angst: „Ich bin viel größer als du. Ich werde mich auf dich stürzen, versuchen, dich zu zerquetschen, deine Schwächen ausnutzen und sehr überzeugend sein. Aber wenn du nicht auf mich hörst oder tust, was ich sage, habe ich absolut keine Macht über dich.“
Also bitte nicht die Angst wegdrücken, sondern eher auf das Positive und den Outcome konzentrieren. Mein Satz ist: „Ich habe Angst, aber ich mache es einfach trotzdem.“ Weil da diese große Sehnsucht in mir ist, diese Seite an mir auszuleben. Ich habe für mich erkannt, dass dort wo die Angst liegt, immer auch ein Schatz verborgen ist. Ich war aufgeregt vor der Gala. Aber ich wusste, danach werde ich wieder fünf Zentimeter gewachsen sein. Jetzt bin ich so froh, über den Glücksmoment, den ich mir selber geschaffen habe und der für immer in meinem Herzen bleibt! Es lohnt sich also, die Angst an der Hand zu nehmen und zusammen mit ihr voranzugehen. Wo die Angst herkommt und wie wir sie für uns nutzen können, beschreibe ich detaillierter in Artikel „Scham-Revolution Jetzt“.
- Genügend Vorbereitungszeit einplanen
Vorbereitung ist das A und O. Einfacher gesagt als getan. Du hast noch Wochen bis zum großen Showdown und so viel Zeit zum Üben. Plötzlich ist der Tag gekommen und du bist in Panik, weil du den Text noch nicht draufhast. Kennst du das? Manchmal sabotiert man sich nur, weil man zu spät mit Üben angefangen hat. Weil unbewusst die Angst da ist, nicht gut genug zu sein. Das lähmt dich, du fängst nicht an and guess what: Der Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ wird dann zu deiner selbsterfüllenden Prophezeihung! Als ich das erste Mal „Eye of the Tiger“ auf einem Wrestlingevent aufführte, hatte ich zu spät angefangen zu proben. Ich hatte den Satz im Kopf: „Ich werde bestimmt die Textzeilen verwechseln.“ Was dann auch so eingetreten ist. Da ich Profi bin, hat das natürlich niemand gemerkt. 🙂
Ich schlage vor, dass deine Performance schon eine Woche vor dem Auftritt sitzt. So kann sich das Geübte verinnerlichen und du brauchst es dann nur noch ganz entspannt abrufen! Mach dir auch bewusst, dass die Stimme in deinem Kopf Ausreden finden wird, damit du später mit der Vorbereitung anfängst. Weil du noch so viel andere wichtige Sachen zu erledigen hast. Doch deine Performance ist jetzt Prio Nr.1! Plane also die Vorbereitungszeit mit in deinen Kalender ein. Starte lieber zu früh als zu spät, damit dein dich sabotierender Glaubenssatz keine Chance hat! Ich verspreche dir, dass es sich auszahlt!
- Vorab in kleinerem Rahmen vorführen
Wenn möglich, übe vor anderen Menschen! Dann weißt du schon mal wie es sich anfühlt vor anderen Leuten aufzutreten. Ich nutze zum Üben gern meine Freundinnen, Open Mics oder mache Straßenmusik. Ich hatte das Glück, den Song „Eye of the Tiger“ bereits auf einem Wrestlingevent einen Monat zuvor vor wenigeren Menschen „üben“ zu können. Obwohl mich online 10x mehr Menschen gesehen haben als auf der Gala 🙂 Beobachte: Welche Gefühle kommen dabei hoch? Sei gewiss, dass du dich zeigen darfst und die Menschen es wertschätzen, dass du es machst. Die meisten Menschen wünschen sich auch so mutig zu sein. Tatsächlich habe ich auf dem Wrestlingevent so viel positive Rückmeldungen bekommen. Also wäre es doch ein Verlust gewesen, mich nicht so zeigen!
- Erwecke den Tiger in dir – Fühle schon jetzt wie du auf der Bühne ablieferst!
„Was ist, wenn ich schief singe? Was ist, wenn ich auf einer Banane ausrutsche?“ – Anstatt Panik zu schieben, was alles schieflaufen kann, kreiere ein Bild von dir, wie du die beste Performance deines Lebens ablieferst! „Eye of the tiger“ ist tatsächlich ein starkes Bild, um deine Kraft in dir zum Leben zu erwecken. Ein Mensch ist dann nicht mehr nur ein Mensch, der in den Ring geht. Sondern ein Tiger, der seine Beute im Visier hat. Im richtigen Moment wird er mit all seiner Kraft zuschlagen. Fühlst du es schon in dir?
Das muss nicht zwingend ein Raubtier sein. Sondern das kann jegliche Art von Bild sein. Stell dir z.B. deinen Lieblingsmusiker*in vor, der all das verkörpert, was du sein willst. Wie fühlt er/sie sich bei einer Performance? Wenn du das Gefühl hast, dann schlüpfst du in die Rolle. Für die Kampfsport-Gala habe ich mir vorgestellt, wie Beyoncé mit ihrer früheren Band Destiny’s Child „Survivor“ performt. Und dann, wie ich eine explosive Show hinlege und alle begeistere! Ich habe mich so gefreut auf diesen Tag, weil ich wusste, dass er genial werden würde! Stecke also mehr Energie in die positive Vorstellungskraft als deine Ängste wahr werden zu lassen! Das Video von meiner Performance ist der deutlichste Beweis wie die erste Idee vom Auftritt in meinem Kopf zur Wirklichkeit geworden ist!!!
- Das physiologische Seufzen – Fahr‘ dich runter
Die Atemübung „Physiologisches Seufzen“ ist super praktisch, wenn du dich bereits in der stressvollen Situation befindest. Kurz vor meinem Auftritt stand ich im Gang zur Halle. Ich spürte die Aufregung in mir steigen. Das Einzige, dass ich in diesem Moment noch tun konnte, war zu atmen und mein Nervensystem herunterzufahren.
Der Neurowissenschaftler Andrew Huberman hat mit seinem Team herausgefunden, dass das physiologische Seufzen das Tool ist, das am Effektivsten hilft, um in einer stressvollen Situation die Nerven zu behalten. Um den physiologischen Seufzer auszuführen, atme tief ein, gefolgt von einer kurzen zweiten Einatmung und einer langen Ausatmung. Wiederhole das ein- bis zweimal, aber auch gern bis zu 5 Minuten. Mehr dazu im Video von Huberman.
- Es gibt keine Fehler, nur Lernerfahrungen
Selbst wenn etwas schief geht, bist du trotzdem einen Schritt vorangekommen. Mein Motto: „Failure your way forward.“ Ich habe z.B. gelernt, dass ich mit dem aufgenommenen Ton meines Auftritts nicht zufrieden bin. D.h., nächstes Mal werde ich auf jeden Fall meine Stimme durch den Mikrofonkanal aufnehmen. Beim letzten Mal habe ich gelernt, das es mir wichtig ist, das meine Performance aufgenommen wird. Et voila! Ich habe jetzt ein richtig schickes Video von meinem Auftritt.
- Nimm’s mit Humor – Einmal rauszoomen bitte
Als ich auf der Kampfsportgala auftrat, war da auf jeden Fall eine gehöre Portion Selbstironie mit dabei. Hey, schließlich ist es nur ein Event bei dem Menschen Freude daran finden, sich auf die Mappe zu geben oder anderen dabei zuzuschauen. Wenn Aliens auf unsere Welt kommen würden, dann würden die sich ganz schön wundern, was die Spezies Mensch so alles treibt. Kampfsport-Matches, Rodeln, Superbowl-Halbzeitshow, Fußballspiele, Fashion-Shows. Ich mein, was soll der ganze Firlefanz? Keine andere Spezies macht das. Stellt euch mal vor, wir sind die Aliens und beobachten Krabben dabei, wie sie eine Fashion-Show machen würden!
Wenn mal also einfach mal Abstand nimmt von dem Ganzen, dann sieht man, das alles nur halb so wichtig ist. Auch die Meinungen anderen Menschen. Mein Satz dazu: „Es ist eh alles scheißegal.“ 🙂 Warum sollte es mich interessieren, was andere Menschen zu mir sagen? Solange ICH Freude daran habe, niemanden schade und sogar noch die Chance habe, Freude zu versprühen…. Warum sollte ich es dann nicht machen?
Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und Spaß haben!
Deine Mareike Pao
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